Unser heutiges Ziel war das Bergdörfchen Bakuriani, 30 Autominuten von Borjomi entfernt, welches wiederum für sein Quellwasser, was in ganz Georgien in Flaschen abgefüllt und verkauft wird, bekannt ist.
Auch wenn uns am Vortag einige Marschrutkafahrer verständlich machen wollten, dass nur morgens um 8 Uhr ein einziges Fahrzeug aus dem nahegelegenen Batumi in diese Ortschaft fuhr, haben wir uns fürs Ausschlafen und eine stressfreie Weiterfahrt entschieden. Wir dachten schon wie richtige Georgier. Irgendjemand wird uns schon irgendwie und irgendwann dorthin bringen.
Vor unserem Appartement bestiegen wir also die erste Marschrutka Richtung Batumi. Für sage und schreibe 0,80 GEL pro Person (umgerechnet 25 Cent). Für die Hinfahrt mit dem Taxi hatten wir stattdessen 25 GEL (umgerechnet 8 Euro) bezahlt.
Eine halbe Stunde später wurden wir am Busbahnhof in Batumi ausgesetzt. Auf unsere Nachfrage, welche Marschrutka in nächster Zeit Richtung Borjomi fuhr, wurden wir von einem Mann begleitet durch Menschenmassen geführt, bis wir an einem Fahrzeug ankamen, welches in den nächsten 10 Minuten abfahrbereit war. Schnell wurden unsere Rücksäcke zwischen mitfahrende Stühle und andere Sachen gequetscht und es ging los. Na also. Geht doch.
An die unmenschlichen Transportbedingungen durch rauchende Fahrer, fehlende Klima- und Belüftungsanlagen sowie die rasante Fahrweise werden wir uns wohl nie gewöhnen. Aber nicht ganz grundlos fährt gefühlt jedes 10 Auto Georgiens ohne Stossstange herum.
Wie ebenfalls üblich wurde auf der Hälfte der Strecke eine 20 minütige Pause eingelegt. Die auf dem Rasthof befindlichen öffentlichen Stehtoiletten waren nur gegen ein Entgelt von 0,50 GEL mittels Drehkreuz passierbar. Wir fühlten uns ein wenig an Deutschland erinnert.
Durchgeschaukelt und durchgeschwitzt erreichten wir gegen 15:30 Uhr Borjomi. Wir beschlossen, uns zunächst bei einem Kaffee und einer Kleinigkeit zu Essen etwas zu erfrischen und kehrten im 400 Meter vom Marschrutkaplatz entfernten Café Turist ein.
Nach der Stärkung versprach unser Gastwirt uns ein Taxi zu einem guten Preis für die (normalerweise) 30 minütige Weiterfahrt nach Bakuriani zu besorgen. Die Bedeutung von „gut“ ist jedoch auslegungsbedürftig, wie wir später feststellen mussten.
Innerhalb von 10 Minuten hielt ein Fahrzeug, aus welchem in ohrenbetäubender Lautstärke georgische Musik schmetterte (es ist übrigens typisch für Georgier Musik sehr – sehr – sehr – sehr laut zu hören und zu spielen). Ein zahnloser, alter, leicht schwankender, nach Alkohol riechender aber lächelnder Mann stieg aus. Wir zögerten und stiegen schweigend ein. Nach einer kurzen Fahrt, bat er uns um etwas Geduld. Er müsse vor der Weiterfahrt noch etwas tanken, da er sonst befürchtet, uns zwar nach Bakuriani bringen aber selbst nicht wieder zurückkommen zu können. Wir hielten an 2 Tankstellen ohne zu tanken. Beim letzten Stop wurde lediglich eine kleine, mit Benzin gefüllte Plastikflasche (vermutlich „schwarz“) erworben, deren Inhalt dann 100 Meter nach der Tankstelle in unserem Tank verschwand und anschließend achtlos in der Natur entsorgt wurde. Anna und ich schauten dem weggeworfenen Beinahe-Molotowcocktail sprachlos vor Entsetzen hinterher. Inzwischen waren 45 Minuten vergangen. Und der Taxifahrer redete und redete und redete. Da unser zahnloser Steuermann nicht reden und gleichzeitig kontrolliert auf einer Spur schnell fahren konnte, baten wir ihn die Geschwindigkeit ETWAS zu drosseln. Nun fuhren wir mit 15 km/h (ich hatte inzwischen das Gefühl das Auto anschieben zu müssen) abwechselnd auf unserer und der Gegenfahrbahn schlangenartig die Serpentinen nach Bakuriani hoch.
Und unser Fahrer redete immer noch wie ein Wasserfall. Als ich ihn kurz vor dem Rammen einer Felswand auf die Schulter tippte und ihn mit Mimik und Gestik um mehr Aufmerksamkeit auf die Fahrbahn bat, hatte ich bei ihm endgültig alle Sympathiepunkte verspielt.
Nach 90 Minuten (statt der veranschlagten 30) erreichten wir dann endlich unsere Unterkunft… und zahlten für diese Erlebnisfahrt auch noch den 1,5 fachen Fahrpreis. Das war also mit „gut“ gemeint :-).
Um unseren Adrenalinpegel etwas zu senken, drehten wir nach dem Sachen auspacken eine kleine Runde durch den Ort.
Als wir wieder zurück kamen, wurden wir von unseren Gastgebern spontan zum Abendessen eingeladen. Sie hatten für ihren Besuch eine große Tafel mit regionalen Köstlichkeiten gedeckt und für uns zwei Teller dazugestellt. Tag 1 der großen Schlemmerei begann…