5. Etappe Trabadelo – Fonfria

Trotz des leckeren und gesunden Abendessens und dem gemütlichen Zimmer hatte ich eine unruhige Nacht. Und nachdem ich in den frühen Morgenstunden fast stündlich wach wurde, bin ich kurzerhand um 5:30 Uhr aufgestanden. Ich verspeiste einen Joghurt und ein kleines Bocadillo mit Jamon Serrano und machte mich um 6:30 Uhr auf den Weg. Es dämmerte gerade.

Ein paar Meter weiter traf ich auf Montse (46 – Spanierin) und Regine (53 – Französin) – beide in Belgien lebend und kennen sich von der Arbeit. Da sie am Anfang mehrmals nach dem Weg fragen mussten und ich die Strecke auf meinem Handy gespeichert hatte, kamen wir ins Gespräch.

Und da die beiden (fast) das gleiche Tagesziel wie ich und ein ähnliches Schritttempo drauf hatten, gingen wir also gemeinsam.

Unterwegs trafen wir auf das kanadische Paar Marcel und Ken, die 10 min vor uns aus Trabadelo aufbrachen. Sie erkannten mich freudestrahlend wieder und wünschten: „Buen camino, Sandra“.

Immer mehr Pilgerer kamen unterwegs aus den Seitenstrassen und Albuerges dazu.

Bis „La Faba“ waren es 15 km für die man normalerweise 3,5 Stunden braucht. Wir schafften es in 2 Stunden und 50 min!

Nach einer kurzen Pause, in welcher wir uns mit kleinen Snacks und Wasser stärkten, ging es durch einen Wald steil bergauf bis nach „O Cebreiro“ (liegt auf 1.300 – gestartet sind wir bei 572). Oben angekommen, tauchten wir in ein Feld aus Wolken ein.

Der kleine Ort war voll von Pilgerern. Unglaublich wie viele Menschen an dem Tag unterwegs waren.

 

 

Wir liessen uns unsere Pilgerausweise in der Cathedrale abstempeln und machten eine Cafe- und Picknickpause in einer netten kleinen Bar wo ich die lokal typische Empanada con Atún aß und einen leckeren Cafe con leche trank.

Dann starten wir unsere letzten 12 km bis nach Fonfria. Es ging noch einmal etwas bergauf. Die Wolken verzogen sich und wir hatten eine traumhafte Aussicht.

 

Der höchste Punkt war Alto de Poio, den wir so gegen 13:45 Uhr erreichten. Von dort aus marschierten wir noch einmal stramm weitere 3 km und erreichten die Albuerge von Fonfria bereits gegen 14:30 Uhr.

Ich hatte ein Einzelzimmer, die anderen beiden liessen sich im mit Doppelstockbetten bestückten Schlafsaal nieder. Platz war in der Herberge für 80 Pilger, an dem Tag schliefen rund 60 dort.

Da es dort weder einen sogenannten Tienda (Tante Emma Laden) gab noch sonst irgendetwas zum Anschauen, wusch ich meine Sachen und hängte sie zu den anderen in die Sonne.

Anschließend sassen wir zusammen in einer netten Runde in der Sonne, tranken Bier, Cafe und Wein und unterhielten uns in einem Mix aus Spanisch und Englisch (Oscar – 45 aus Astorga, Fransico – 63 aus Barcelona, Ximo – Castellon Nähe Valencia, Montse, Regine und ich).

Die anderen kannten sich bereits von den gemeinsamen Tagen und Nächten in den Herbergen davor. Ich wurde jedoch sofort und herzlich in deren Runde aufgenommen. Ximo lud alle zum Café, Tee und Schnaps ein.

Gegen 19 Uhr trafen sich alle Pilgerer im benachbarten Gebäude zum Abendessen, wo wir zu 60! an einem Tisch sassen und für 9 EUR ein super leckeres Pilgermenü bekamen. Wein inklusive. Als ersten Gang gab es frische Gemüsesuppe mit Spinat. Danach Fleisch mit Gemüse und Kartoffeln und als Dessert Tarta de Santiago. Die war ein echtes Highlight!

Es wurden viele Geschichten und Erlebnisse ausgetauscht, man stellte fest, dass bestimmte Pilgerer besonders auffielen… so z.B. eine Familie mit 8 Monate altem Baby oder eine andere Familie mit 2 Kindern die den ganzen Camino frances laufen und ähnlich grosse Etappen laufen wie alle anderen auch. Ich selbst habe eine etwas korpulente Mutter aus Australien mit ihren beiden Kids getroffen. Man berichtete, dass diese Kinder genauso -mit Pyjama- in den Schlafsäalen der Herbergen übernachten.

Kurzum, es war ein toller Abend in super netter Atmosphäre.

Draussen zieht sich langsam der Himmel zu und ein Wind kommt auf. Es wird wohl morgen Regnen.

Die Herbergsfamilie ist übrigens supper nett und spricht jeden mit Namen an! Wenn man bedenkt, dass sich Personen heute angekommen sind und morgen wieder neue Pilgerer einkehren…. echt beeindruckend!

 

4. Etappe Ponferrada – Trabadelo

6 Uhr. Aufstehen. Sachen packen. Frühstück im Hotel. Ein paar alte, bereits gesicherte Fotos und Hörbücher vom Handy löschen, denn meine Speicherkarte war voll und wollte den Weg nicht mehr aufzeichnen.

Halb acht stapfte ich also durch Ponferrada Richtung Camino.

Das Wetter war wieder traumhaft schön es sollte ein heisser Tag werden. Mein Fuss bereitete keine Schmerzen, sodass ich nach anfänglichem Gebummel durchs Fotografieren und Filmen dann auch etwas Geschwindigkeit aufnahm und zügig die Weinberge erreichte.

Und plötzlich – war niemand mehr auf dem Weg. Wo waren nur Alle hin??? Niemand vor mir – niemand hinter mir – nur ich – der Wein und ein paar Bauern. Aber die gelben Pfeile und die gelbe Muschel auf blauem Hintergrund bestätigten mir, dass ich richtig war und mich zumindest auf irgendeinem Teil des Caminos befand.
Später erfuhr ich, dass ich eine längere Alternivroute gelaufen bin, die aber nicht in jedem Wanderführer als solche gekennzeichnet ist. Wie auch immer: Sie war schön und vor allem einsam.

 

Ich kam gut voran und machte erst nach 24 km eine Pause in Villafranca del Bierzo (gegen 13:15 Uhr). Hier beschloss ich bei der ausgeschilderten Pilger Bar einzukehren und stand vor verschlossenen Türen. Also setzte ich mich in die Sonne und verzehrte die Reste an Brot und Schinken, die ich sicherheitshalber bei mir hatte. Ich war gerade fertig, da öffnete die Bar 😉 und so trank ich noch einen leckeren Café con leche.

Die letzten Kilometer waren, wie auch die vergangenen Tage, hart. Zumal es 9 km entlag der Schnellstrasse ging – Asphalt und immer leicht bergauf.

Aber ich kam an! Nach 8 Stunden (15:30 Uhr) war ich in meinem Etappenziel.

Als ich das Hostal von aussen sah, hatte ich kurz Angst, dass dieses dem nächsten Unwetter nicht standhält ….

 

 

 

 

 

… aber ich hatte mich wirklich getäuscht. Trabadelo hat nicht viel zu bieten, ist winzig klein, heruntergekommenen und alt – aber das Hostal mit seinen drei Zimmern eine kleine kulinarische Oase. Die Zimmer sind super schnuckelig, ich konnte sogar meine Sachen zum Waschen und Trocknen abgeben (keine Handywäsche juhu), das kleine Restaurant gemütlich eingerichtet und das Essen war sowohl für den Magen als auch für die Augen ein Genuss!

Zu mir gesellte sich ein älteres homosexuelles Ehepaar aus Canada mit denen ich nett plauderte und lachte.

Rundum ein wundervoller Tag!

Alle Menschen die man trifft, sind übrigens sehr nett und aufmerksam und wünschen einem zu jeder Zeit einen: